Kolumne von Janina Köck in RM 3/16

Seit mehr als einem Jahr bin ich nun Mutter von diesem kleinen, erstaunlichen, hübschen Mädchen, das mich jeden Tag erneut fasziniert mit dem, was sie alles so Neues lernt, von heute auf morgen. Auf einmal dreht sie sich auf den Bauch, kann schon ganz klar artikulieren, was sie will oder nicht. Oder testet ihre Stimme aus, mit seltsam süßen Lauten, und macht ihre ersten Schritte.

Als ich noch schwanger war, dachte ich: ‚Ich nehme mir höchstens drei bis vier Monate eine Auszeit, dann steig’ ich wieder voll in die Praxis ein. Das wird schon!’ In der ersten Zeit nach der Geburt wurde mir dann schnell klar: So wie ich mir das vorgestellt hatte, wird das nichts. Denn ich hatte grundlegend unterschätzt, wieviel Aufmerksamkeit so ein neuer Mensch braucht, fordert und verdient.

Dazu kam, dass ich mich für das Stillen entschieden hatte. Ein Abpumpen der Milch war leider nicht in dem Maße möglich, dass mein Partner sie damit hätte füttern können, wenn ich mal für ein paar Stunden weg war. Und das angeekelte Gesicht der Kleinen, wenn ich ihr mal ein Fläschchen mit Milch aus Pulver geben wollte, hättet ihr sehen sollen. Das fiel damit auch flach.

Bis sie dann Brei essen konnte, war ich also zu Hause. Zum Glück hab’ ich die verständnisvollste Praxiskollegin der Welt. Da ich kein Geld verdiente in dieser Zeit, musste ich auch nicht die volle Mietbeteiligung zahlen, sondern nur einen kleinen Obolus. Das war eine große Erleichterung! Zwischenzeitlich hat dann eine Psychologin immer wieder die Praxis für Termine genutzt, was meine Kollegin unterstützte.

Nur weil ich keine Behandlungen oder Seminare gab, heißt das jedoch nicht, dass ich in dieser Zeit ganz untätig war. Das ging und wollte ich auch gar nicht. Sobald es möglich war, ging ich wieder auf meine Homöopathie-Fortbildung. Einen ganzen Tag, von morgens 8 bis abends 8, von zu Hause weg zu sein, war beim ersten Mal schon spannend. Dabei war es schön, wieder „allein“ zu sein, unter Kollegen, und zu lernen. Es war aber auch die Sorge dabei: Isst sie überhaupt etwas? Das Brei-essen war noch recht neu für die Kleine. In der Mittagspause konnte ich mich per Anruf davon überzeugen, dass alles super lief.

Immer wieder vertrauen ist das Thema. Vertrauen in den natürlichen Prozess der Entwicklung, vertrauen darauf, das Passende für alle Beteiligten zu tun, vertrauen darin, dass auch dann alles gut läuft, wenn man mal nicht da ist und der Papa oder die Oma auf die Kleine aufpasst.

Nun haben mein Partner und ich eine wirklich schöne Konstellation: Wir sind beide selbstständig tätig und können unsere Termine „umeinander stricken“. Das hat viele Vorteile, ist aber organisatorisch auch nicht immer so leicht. Da mein Partner in den Abendstunden immer Termine hat, ich also auf die Kleine aufpasse, können derzeit meine Abendveranstaltungen, der monatliche Reiki-Kreis oder die Kurzworkshops, nicht mehr in der Weise wie früher stattfinden. Das erfordert wieder Vertrauen. Und Flexibilität.

Was möchte ich noch tun, was macht mir Freude? Ist das herausgefunden, kann ich lösungsorientiert schauen, wie ich Entsprechendes in mein Leben einbeziehen kann, so dass es für alle Beteiligten passt. Momentan teste ich gerade aus, kleinere Veranstaltungen zu organisieren, die vormittags stattfinden, oder auch an den Wochenenden, an denen ich keine Seminare gebe. Meine Seminartätigkeit habe ich erst einmal von zwei bis drei Seminaren im Monat auf ein monatliches Wochenendseminar heruntergeschraubt. Auch wenn ich es liebe, Seminare zu geben, möchte ich mich nicht überfordern. Wie kann ich aber trotzdem Seminare geben, ohne dafür immer außer Haus sein zu müssen? So bin ich auf die Idee gekommen, zu bestimmten Themen, sofern möglich, Kurz-Seminare geben, und ich denke auch über Online-Seminare nach.

Oder ich tue einfach mal ganz andere Dinge, lasse mich inspirieren und denke „out of the box“. Es finden sich immer Möglichkeiten, das, was man liebt, zu machen. Vielleicht nicht mehr in genau derselben Weise wie vor der Geburt – aber dann ist es halt anders jetzt. Daraus können wiederum neue, schöne Ideen und Modelle entstehen, die besser zur jetzigen Lebenssituation passen. Vertrauen in den Veränderungsprozess und vor allem auch ein Sich-einlassen auf den Prozess sehe ich dabei als besonders wichtig an. Natürlich gibt es Tage, an denen das besser klappt, und solche, an denen das schwerer anzunehmen ist. Dann hilft es, sich daran zu erinnern: Veränderung ist nichts Schlechtes. Mit einem kleinen Engel zu Hause ändert sich eh das ganze Leben – warum soll dann ausgerechnet die berufliche Tätigkeit genauso bleiben wie sie vorher war?

Und: Dieser Prozess birgt auch die Möglichkeit in sich, alte Dinge „auszumisten“. Es stellen sich die Fragen: Was ist wirklich effektiv? Was macht mir wirklich Spaß und Freude? Welche Menschen begleite ich gerne? Was gibt mir auch im Alltag mit der Familie Energie – und nimmt sie mir nicht auch noch? Ich erlebe es als sehr befreiend, mich hier noch mehr fokussieren zu können.

Selbstständig beruflich tätig zu sein, als junge Mutter, ist natürlich herausfordernd. Doch nimmt man diese Herausforderung an, mit Vertrauen in sich und das Leben, gibt es dabei ganz wunderbare Geschenke zu entdecken. Dann ist es halt manchmal so, dass man erst nachts um zwei (wenn die Kleine schläft) die nötige Ruhe hat, eine Kolumne zu schreiben, deren Abgabetermin unmittelbar bevorsteht.